Wahrscheinlich kennst du Frustessen genauso gut wie ich. Der Moment in dem man mies drauf ist und dann zur Schokolade greift um sich etwas Gutes zu tun. Danach fühlt man sich dann noch schlechter als davor, weil man ja jetzt auch noch zusätzliche und unnötige Kalorien zu sich genommen hat. Frustessen ist für mich nach wie vor ein Thema und ich hab mich mal ein bisschen genauer damit beschäftigt.
Egal ob ich einfach einen schlechten Tag bei der Arbeit hatte, Liebeskummer, Frust oder sonstigen Ärger. Der Griff zur Schokolade, zur Eiscreme oder zu anderen ungesunden Nahrungsmitteln war an schlechten Tagen immer besonders verlockend für mich. Häufig habe ich dann über alle Maßen gegessen um mich zu trösten und um mir über den Schmerz hinweg zu helfen. Meistens ging es mir danach aber noch schlechter, weil ich mich mit zu viel Zucker vollgestopft habe. Spätestens der nächste Blick auf die Waage hat mich dann noch mehr runtergezogen und ich habe mich wieder in Frustessen geflüchtet. Der Teufelskreis war also perfekt und ich habe lange nicht verstanden, warum ich mich so schlecht dagegen wehren kann. In den letzten Monaten habe ich mein Verhalten in solchen Situationen ein bisschen genauer beobachtet und möchte dich an meinen Erfahrungen teilhaben lassen.
Schon seit meiner Kindheit gehöre ich zu dem Typ Mensch, der isst, wenn es ihm schlecht geht. Ich habe schon als Kind häufig Trost im Essen gesucht und bin schon sehr früh in den oben beschriebenen Teufelskreis abgerutscht. Als ich 11 Jahre alt war, hat sich meine familiäre Situation Zuhause verändert weil meine Eltern sich getrennt haben. Mit dem Schmerz konnten ich damals nur schwer umgehen und ich habe mich mit Süßigkeiten getröstet. Ab diesem Zeitpunkt ging es mit meinem Gewicht stetig nach oben und schon bald konnte ich mich nicht mehr an mein schlankes Ich erinnern. Wer schon als Kind immer zu den Dicken gehört hat, weiß, dass ich keinen einfachen Stand in der Schule hatte. Hänseleien und blöde Sprüche standen an der Tagesordnung und gehörten ab da zu meinem Alltag dazu. Dazu kam natürlich noch der ganze Frust, dass ich immer mehr Probleme hatte, in der Kinder- oder Jugendabteilung Klamotten zu finden. Ich habe mich immer schlechter gefühlt, immer mehr gegessen und damit auch zugenommen und konnte dem Ganzen irgendwie nichts entgegensetzen. Dazu habe ich mich natürlich immer unwohler gefühlt und schon früh mit irgendwelchen Diäten begonnen. Die hatten leider nie den gewünschten Effekt und haben mein Gewicht immer mehr nach oben getrieben. Ich kann mich noch heute gut daran erinnern, dass ich in meinen schlimmsten Phasen fast mein gesamtes Taschengeld in die Süßigkeitenabteilung des Supermarkts getragen und mich da, mit allem was mein Herz und meine Seele begehrt, eingedeckt habe. Meine Eltern standen meinem Verhalten hilflos gegenüber und konnten nur zusehen, wie das Ganze immer schlimmer wurde.
Auch später, als ich dann irgendwann mit Hilfe von Weight Watchers 15 Kilo abgenommen hatte, gab es trotzdem immer die Phasen des Frustessens. Damals hatte ich kein anderes Ventil für meinen Ärger und meine Enttäuschung und so kam dann auch das abgenommene Gewicht irgendwann wieder zurück auf die Waage. Über alle Maßen zu essen gehörte irgendwann zu meinem Leben dazu und ich habe mich aus Hilflosigkeit damit arrangiert. Ich habe mir eingeredet, dass das bei mir halt so ist und dass ich wohl oder übel damit leben muss. In den letzten Jahren ist mein Gewicht dann immer weiter nach oben geklettert, bis ich im September 2016 die Höchstmarke von 130 Kilo erreicht hatte. Zum Glück hab ich mit Hilfe einer Psychologin damals die Reißleine gezogen und nach und nach zu einem gesünderen Leben zurückgefunden.
Auch wenn ich heute sagen kann, dass es mir gut geht, gibt es trotzdem immer wieder Momente, in denen ich am liebsten zur Schokolade greifen möchte. Nicht immer sind es große Probleme, die uns zum Frustesser werden lassen. Auch Kleinigkeiten wie eine abgesagte Verabredung, ein schlechtes Kundengespräch oder Langeweile können uns in diese Situation bringen. Egal was dahinter steckt, eins haben alle diese Situationen gemeinsam. Es ist nicht der körperliche Hunger, der uns zum Essen greifen lässt, es ist der seelische Hunger der das auslöst.
Wie erkenne ich den Unterschied?
Der erste Schritt ist schon einmal damit gemacht, dass es dir während des essen oder wenigstens danach bewusst wird, dass du eigentlich gar keinen Hunger hattest. Erst wenn man etwas erkennt, kann man es analysieren und in Zukunft verändern. Ich hinterfrage mich in solchen Momenten immer, ob mich grad etwas ärgert, traurig oder wütend macht. Die Situation genau anzuschauen und zu reflektieren hilft mir ganz ungemein, seelischen von körperlichen Hunger zu unterscheiden.
Du kannst zum Beispiel eine Art Tagebuch führen und dein Verhalten in den nächsten Wochen genau beobachten. Schreibe immer Abends auf, was dir heute im Bezug auf dein Essverhalten gut und weniger gut gelungen ist. Wenn du zum Frustesser wurdest, schreibe auf, was dich in diesem Moment beschäftigt hat. Welche Gefühle haben dazu geführt, dass du ohne körperlichen Hunger gegessen hast? Das hilft dir dabei, die gefährlichen Momente immer besser zu erkennen und dein Verhalten zu ändern.
Aber was mache ich stattdessen?
Nur weil du die Situationen nun erkennst, heißt es noch lange nicht, dass es dir auch gelingt, sie zu verändern. Es braucht einige Wiederholungen um alte Verhaltensmuster abzulegen und es wird immer wieder Momente geben, in denen uns das nicht gelingt. Aber jeder Versuch, der dir gelingt, wird dich darin bestärken, dass sich die Mühe lohnt. Du kannst dich mit deinen negativen Gefühlen auseinander setzen und etwas verändern. Und zusätzlich sparst du natürlich auch jede Menge Kalorien ein. Ich habe verschiedene Sachen, die mir statt Frustessen ganz gut helfen und greife immer wieder darauf zurück.
Musik heals your soul
Zum einen bin ich ein absoluter Musikjunkie geworden. Ohne meine Kopfhörer gehe ich normalerweise nicht mehr aus dem Haus und Spotify gehört zu meinen besten Freunden. Je nach Stimmung finde ich eine Playlist oder einen Song, der genau passt und mir hilft mit meinen Gefühlen umzugehen. Oft trage ich sie auch Zuhause um mich komplett von der Welt abzuschotten und tanze durch meine Wohnung. Hört sich vielleicht komisch und irgendwie lustig an, hilft mir aber ganz ungemein. Meine Gedanken werden wieder klarer und der Griff zur Schokolade ist danach meistens vergessen. Musik hat einen festen Platz in meinem Leben und darauf möchte ich auf keinen Fall verzichten.
Bewegung, Bewegung, Bewegung
Je nach Situation kann auch Bewegung eine willkommene Hilfe sein. Vor allem in der Mittagspause nach einem stressigen Vormittag oder auch nach der Arbeit, hilft mir Bewegung um runter zu kommen und negative Erlebnisse zu verarbeiten. Entweder schnappe ich mir dann meinen Hund Tom und drehe eine sportliche Runde mit ihm oder ich setze mich auf mein Fahrrad. Aber es muss nicht immer Bewegung in Form von Sport sein, auch ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft kann schon wahre Wunder bewirken. Die frische Luft und die körperliche Aktivität bringen mich meistens wieder zurück ins Gleichgewicht und oft sieht die Welt danach schon wieder ganz anders aus.
Trinken statt Essen
Nein meine Lieben, damit meine ich nicht den Griff zum Alkohol… Ich denke dabei eher an eine Kanne frisch aufgebrühten Tee oder ein Glas Wasser. Egal welche gesunden Getränke du in diesem Moment zu dir nimmst, sie alle helfen dir dabei zu überprüfen, ob du jetzt echten Hunger hast oder nicht. Trink ein Glas und warte einen Moment ab, du wirst sehen, oft hat sich der vermeintliche Hunger oder die Lust auf Süßes danach verabschiedet. Ich habe mittlerweile eine ganze Schublade voll mit leckerem Tee und probiere gerne immer wieder was Neues aus.
Ablenkung in jeder Form
Ob du gerne einen spannenden Film schaust oder ein gutes Buch liest, Ablenkung ist immer eine gute Alternative zum Frustessen. Nicht immer will man sich in diesem Moment mit seinen Gefühlen auseinander setzen und darüber nachdenken. Manchmal hilft es auch einfach, wenn man stattdessen was anderes macht und sich etwas Gutes tut. Meine Watchlist bei Amazon Prime ist ellenlang und auch Bücher gehören wieder fest zu meinem Alltag dazu. Ich kann dabei völlig abschalten und in eine andere Welt eintauchen. Bücher oder gute Filme können mich richtig fesseln und ich vergesse dabei oft Raum und Zeit. Überleg dir, was dir als Abwechslung helfen könnte. Vielleicht bastelst du gerne, stöberst in neuen Rezepten oder kümmerst dich um deinen Garten. Auch putzen kann dir als Ablenkung dienen und hat den positiven Nebeneffekt, dass dabei auch noch deine Wohnung auf Vordermann gebracht wird.
Nicht immer haben wir aber die Zeit um große Ablenkungsmanöver zu starten, Sport zu treiben oder mit den Kopfhörern durch die Wohnung zu tanzen. Manchmal braucht man eine Last-Minute-Hilfe ohne groß Zeit dafür aufzuwenden. In diesen Momenten atme ich mehrmals tief durch und mache mir bewusst, dass mich Schokolade jetzt auch nicht weiter bringt und an der Situation überhaupt nichts ändert. Im Gegenteil, sie würde mich noch mehr runterziehen und mich noch frustrierter zurücklassen.
Mit diesen Mitteln schaffe ich es meistens, mich vor dem Frustessen zu retten. Aber es gibt immer noch Momente, wo es mir nicht gelingt. Ich verurteile mich danach aber nicht mehr, sondern verspreche mir, es beim nächsten Mal wieder besser zu machen. Eine große Hilfe ist es auch, dass ich so gut wie nie etwas Süßes Zuhause habe. Meine Vorratsschränke sind in der Regel mit Gesundem gefüllt und auch mein Kühlschrank ist voll mit viel Obst und Gemüse. Wenn es sich wirklich mal nicht vermeiden lässt, esse ich eine Handvoll Nüsse oder eine Dattel. Damit komme ich meistens ganz gut über die Runden und der Schaden hält sich in Grenzen.
Finde für dich heraus, was dir in solchen Momenten hilft. Vielleicht willst du den einen oder anderen Tipp von mir mal ausprobieren und testen, ob er auch etwas für dich ist. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg damit, die Mühe lohnt sich und du wirst stolz auf dich sein, wenn du dich dem Frustessen erfolgreich widersetzt hast!